Nur die Journalisten fehlen noch: Der 118. Berliner Presseball

 

„Wollen wir da eigentlich hin?“ fragten wir uns, als der 12. Januar 2019 näher rückte. Denn einerseits klingt Presseball nach durchtanzten Stunden, zauberhaften Kleidern, glamourösen VIPS und der Magie einer nicht enden wollenden Nacht. Der Berliner Presseball hat solche Jahrzehnte erlebt. Andererseits kamen die Wende und die Bonner, der Verein ging pleite, die Marke „Presseball“ wurde vom Berliner Journalistenverband verkauft. Die darauffolgenden Jahre machten aus diesem eleganten ehemaligen Wohltätigkeitsball für bedürfte Journalisten dann nur noch einen traurigen Abklatsch – obwohl sich unterschiedlichste Veranstalter ehrlich bemühten, schien der Zauber zerstört.  Waren früher Bundeskanzler, Bundespräsident und echte Promis gesetzt, verkümmerte das einstige Highlight der Berliner Society zu einer „Kreti-und-Pleti“-Veranstaltung.

 

Jetzt scheint der Ball einen Teil seines alten Charmes wiederzufinden. Als die Gastgeber Melanie Simond und Mario Kross am Samstag zum 118. Presseball luden, tummelten sich gutgelaunte Gäste in den Hallen des Maritim Hotel Berlin  in der Stauffenbergstraße, unzählige Sponsoren unterstützten die Veranstaltung. Unter dem Motto „70 Jahre Bundesrepublik, 30 Jahre Mauerfall“  ließen sich sogar wieder einige Prominente sehen – Bundesfamilienministerin Franziska Giffey hielt eine launige Laudatio, Dieter Hallervorden wurde gesichtet, genauso wie Filmproduzentin Alice Brauner mit ihren halberwachsenen Zwillingssöhnen, Schauspieler Hardy Krüger junior mit seiner Gattin, die an Krücken über das Parkett humpelte. Das trübte die gute Laune der Neuberliner allerdings kein bisschen.

 

Zu Beginn des Abends wähnte man sich mehr in der Provinz als in der kosmopolitischen Hauptstadt: das 90er-Jahre Ambiente des Maritim-Hotels, die vielen Sponsorenstände und die bunte Bühnenshow trugen viel zum verstaubten Charme eines ein wenig in die Jahre gekommenen Westberlins bei. Aber wir wollten ja nicht nörgeln, sondern Spaß haben – und den haben wir zusammen sowieso und noch mehr in der richtigen Gesellschaft. Letztere fand sich dann auch schnell. Wir trafen die Berliner Promi-Designerin Nanna Kuckuck in einer ihrer bezaubernden Roben und ihrem nicht weniger bezaubernden Gatten Dirk, Maßschneider Andreas Weidlich von Andrews & Martin (beide hatten Mode-Gewinne für die Tombola gesponsert), Claudia Campus von rs2, Andreas Kurtz von der Berliner Zeitung (er machte uns neugierig auf seine Talkshow „Kurtz auf der Couch“, die an jedem 1. Montag im Monat im Wintergarten auf die Bühne kommt) , Amin Jmny von Le Matin. Von diesen und ein paar weiteren Ausnahmen abgesehen fehlten allerdings vor allem die (Berliner) JournalistInnen an diesem extra für sie geschaffenen Abend – toll, wenn sich in Zukunft wieder mehr unserer KollegInnen für den Ball begeistern ließen.

 

So zog sich die Nacht bis in die frühen Morgenstunden – und bis zuletzt „saß“ die Frisur. Denn wer schlau war – so wie wir;-) – startete den Abend in der Beauty-Lounge von Starfriseur Dennis Creuzberg: mit viel Spaß und in Gesellschaft einiger Berliner Supertransen, die – wie man das beim Frisör so macht – unter anderem von auf dem Nachttisch abgelegten Brüsten aus dem Nähkästchen plauderten. Die geübten VisagistInnen und StylistInnen tobten sich an den Haaren und Gesichtern der willigen Ballbesucherinnen aus und sorgten so für professionellen Glamour.

 

Ein kleiner Wermutstropfen war das auf nationale Spezialitäten (schon mal was von französischem „Coco-Bohnen-Ragout“ gehört?) aufgerüschte Büffet: mit Ausnahme von ein paar kleinen Häppchen entsprach es nicht einmal den Standards der sogenannten „internationalen Hotelküche“ (d.h. langweilig, aber mehrheitstauglich). Wie den Gästen im Saal (die immerhin ca. 1.000 Euro für die Karte gezahlt hatten) das Dinner mundete, entzieht sich unserer Kenntnis, aber im Angebot für die Flaniergäste liegt auf jeden Fall Verbesserungspotential. In der VIP-Lounge hingegen gab es tolle Austern vom Frischeparadies und hervorragenden Royal Oscietra Kaviar von Attilus (von auf der eigenen Fischfarm in Brandenburg gezüchteten Stören), und klar geht in Berlin nichts über eine Mitternachts-Currywurst, besonders wenn sie vom legendären Curry36 zubereitet wird.

 

Der beste Drink des Abends kam übrigens von Asbach Uralt, dem bekannten Synonym für megaout. Nun erfindet sich die Marke gerade neu und servierte in einer charakteristischen Blechtasse (die eine Reminiszenz an die Prohibitionszeit in Chicago darstellen soll) Asbach mit Ingwerlimonade, Eis und einer Zitronenzeste – extrem lecker. Professionell gemixt wurde er am Stand der Berliner Agentur Drinkkultur im kleinen Ballsaal. Dort gab es auch den ganz frisch gelauchten Asbach Aperitif Rosé, in dem wir als Aperivistas natürlich sofort eine potenzielle Alternative zum Aperol Spritz witterten. Mit dem hier offerierten Tonicwater schmeckte er nicht schlecht (vielleicht sollte man ihn lieber mit Prosecco probieren?), aber lange nicht so lecker wie das Tassen-Getränk.

 

Im kleinen Ballsaal spielte auch die fantastische Rock’n Roll-Band Petticoats (WestberlinerInnen bekannt von den legendären Auftritten in der Dahlemer Eierschale), später erklang „Griechischer Wein“ und wir tanzten ab wie lange nicht mehr. Ebenfalls toll die Band ABBA4you (quasi ein Selbstläufer bei Gästen unserer Generation) und als musikalisches Highlight des Abends die Weather Girls. Die Musik war top, da hat der Veranstalter wirklich ALLES richtig gemacht. In allen Säalen wurde gefeiert wie verrückt, und als wir dann noch ein Stück Marzipantorte von der Confiserie Reichert verspeist hatten und das gefühlt 10 Kilo schwere, reich bestückte Goodie-Bag und eine Rose in den Händen hielten, schwebten wir glücklich nach Hause – und freuen uns jetzt schon auf den Sommerball.

 

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