Mit dem neu eröffneten Restaurant Fischer & Lustig in Berlin hat das Heimatküche-Restaurant Jäger & Lustig eine der regionalen Fischküche gewidmete Dependance bekommen. Beide eint das Konzept, alte Rezepte zu entstauben und ihnen bei der Zubereitung einen modernen Twist zu verleihen. Wer angesichts der besonders bei älteren Tourist*innen aus der Provinz beliebten Lage im Nikolai-Viertel vermutet, dass das Restaurant vor allem die Abfertigung von Busreisegruppen anpeile, irrt. Und erlebt wie wir eine positive Überraschung.



Glaube Liebe Fisch
Das fängt schon bei der Einrichtung an: Royal-Blau dominiert im Restaurant Fischer & Lustig. Die Räume mit ihren Skulpturen, Tapeten, Fotografien von Seemännern und Bullaugen als Spiegel bringen zusammen mit der ikonischen Neonschrift “Glaube Liebe Fisch” ein besonderes Flair in den großzügigen Raum. Der Gang zur Toilette lohnt: Der glänzende Boden wirkt, als sei gerade Wasser auf Deck gespült worden, die Hände wäscht man sich über einem Bottich mit glitzernden Glassteinen. Getafelt wird an Hochtischen und klassischen Esstischen, im Sommer finden sich unter den Linden 120 Plätze auf der großen Terrasse des Lokals. “Mit dem neuen Fischer & Lustig möchten wir dem Nikolaiviertel ein neues Gesicht geben, weg vom touristischen Image“ erklärt Inhaber Alexander Freund – beim Interieur hat das schonmal geklappt.
Solides Meeresgetier
Wir starten mit einem Rosé “Dursecco” von der Durbacher Winzergenossenschaft, die die Weinkarte im Restaurant Fischer & Lustig genauso dominieren wie im Schwester-Restaurant. Der Schaumwein passt gut zum Krabbencocktail, unserem Entrée. Dessen leicht irritierende 60er-Jahre-Anmutung bekommt mit Sesamöl und Algen gerade noch mal so die Kurve in die Moderne und schmeckt aufregender als vermutet. Danach geht es bei den Vorspeisen geschmacklich nur noch aufwärts. Das Lachstartar auf Pumpernickel thront auf delikaten Spinatblättern, Gurke und Tomate, der “Fischer’s Fischtopf” kann es mit seiner Würzigkeit und guten Fischeinlage mit jeder Bouillabaisse aufnehmen. Die Stimmung steigt, es schmeckt uns im Restaurant Fischer & Lustig mit seinen unkomplizierten Fischgerichten.



Gewagte Kombi
Zum Hauptgang sorgt der Wels mit Kürbiskernen, Wurzelgemüse und Pilzen vor allem wegen der begleitenden dunklen Pfeffersoße für Diskussion am Tisch. Setzt sie nun einen gewagten Kontrapunkt zum Fisch oder erschlägt sie ihn schon? Ich gehöre zum Team “gelungenes Wagnis”, erinnert das feste Fleisch des Welses doch tatsächlich ein wenig an Kalb. Folgerichtig hätten wir uns hier einen frischen Rotwein, etwa einen Beaujolais Primeur, gewünscht statt des soliden Durbacher Grauburgunder, der uns zu den Vorspeisen durchaus gemundet hatte. Wir erfahren, dass die wunderbare Restaurantleiterin mit dem überaus passenden Namen Katharina Fischer bereits an einer Erweiterung der Weinkarte arbeitet. Im Sinne der Regionalität hat sie Brandenburgische, aber auch andere spannende Weine im Visier.



Mutiges Handwerk
Mit ähnlich überraschender Begleitung wie beim Wels erreicht uns der Kalte Hund, den wir als Kindergeburtstags-Soulfood schon vom Jäger & Lustig kennen. Auf den Keks- und Schokolade-Schichten thront nämlich eine wellige Scheibe knusprig ausgebratener Bacon und davor ein paar Sauerkirschen. Ob das schmeckt? Ich finde die Kombi aus Süß, salzig und sauer umwerfend und verstehe spätestens hier, dass der Küchenchef nicht einfach guten Fisch in die Pfanne haut: Mit Erik Arndt ist jemand mit Mut und Können am Werk. Seine Sporen hat er in Hamburg im legendären Fischereihafen Restaurant und dem ehemaligen Landhaus Dill verdient. Außerdem war er in Frankreich in Hotel-Restaurants wie der Auberge Bretonne unterwegs. Sein Sous-Chef Marc Burow ist ebenfalls kein Unbekannter, er war in Berlin unter anderem für die Borchardt Gruppe tätig.



Von Müritz & Meer
Beide Küchenchefs eint der Anspruch an eine hohe Produktqualität. So beziehen sie den Fisch unter anderem von den Müritzfischern oder der Fischzucht Geisel in Breitenbach am Herzberg. „Regionalität in Sachen Fisch muss manchmal durchaus etwas weiter gefasst sein, denn Berlin liegt leider nicht wirklich am Meer“, sagt Erik Arndt, „aber wir versuchen trotzdem, möglichst kurze Wege zu nutzen und uns auch aus der Vielfalt der Nord- und Ostsee zu bedienen.“ Dazu gibt es Süßwasserfische aus Brandenburg. Auch bei den Rezepten öffnet man sich in Richtung Norden und bietet neben Kutterscholle und Pannfisch, auch Feuer-Lachsfilet und Labskaus. „Wir bringen natürlich auch Fisch vom Feld auf den Tisch“, ergänzt Marc Burow, „das sind vegetarische Spezialitäten wie Bio-Eier in Senfsauce oder Erbsen-Bouletten mit grüner Garnele.“ Als Gruß aus dem „Mutterhaus“ und als Tribut an fleischliebende Gäste stehen auch ein paar Fleisch- und Wildgerichte auf der Karte.
Öffnungszeiten
Das Restaurant Fischer & Lustig ist von Mittwoch bis Sonntag von 11:30 bis 0:00 Uhr, ab 1. November von Dienstag bis Sonntag von 11:30 bis 0:00 Uhr und ab 1.1.2023 täglich geöffnet. Reservierungen telefonisch unter 030 – 568 299 90 oder per E-Mail: info@fischerundlustig.de.
