Wenn es Liebe auf den ersten Blick gibt, hat es mich voll erwischt. Seit Jahren fasziniert mich das The Grand in Mitte, fast versteckt in der kleinen unscheinbaren Hirtenstraße. Mag sein, dass es auch daran liegt, dass ich alles rund um das alte Berlin liebe. Dekadent, ein bisschen verkommen, spannend, unprätentiös, geheimnisvoll, morbide. Hedonistische Lebenslust mit Alt-Berliner Charme. Alles kann, nichts muss. Hemmungslos im Hier und Jetzt. Immer ein bisschen Drüber oder Drunter. Das The Grand in Mitte ist so ein ganz besonderer Ort, der Geschichte atmet. Nicht kaputtsaniert. Allein der Gang zu den Toiletten ist nichts für Menschen mit Keller-Phobie. Die Phantasie kitzelt die Sinne, wenn man es zulässt.




The Grand in Mitte: Armenschule wird Genusstempel
Wer sich fallen lässt in die Historie und den Hauch der Vergangenheit liebt, wird hier fündig. Die ehemalige Armenschule, Baujahr 1842, hat sehr viel von diesem alten Geist erhalten. In der zweiten Etage hängt noch ein einziges Foto, das an diese Jahre erinnert. Das Konzept zieht Eigentümer Jesco Klatt konsequent durch. Vom Keller bis in den dritten Stock. Dennoch ist das The Grand natürlich auch purer Zeitgeist. Restaurant, Bar, Nachtclub, Terrasse im Sommer. Mit privaten Séparées und einem Ballsaal. Das Restaurant wird dominiert durch einen überdimensionalen Kronleuchter; eine Extraanfertigung mit liebevollen und unzähligen Details, der mit Sicherheit schon tausendfach fotografiert wurde.
Tanz auf dem Vulkan
Der erste Drink in der stimmungsvollen, dunkle Bar verspricht schon mit den ersten Tropfen mehr. Die Musikauswahl ist hinreißend; Swing und Jazz-Klänge machen den Abend von Beginn an zu einem Vergnügen. Später dann öffnet sich die Tür ins Restaurant. Der Tanz auf dem Vulkan beginnt mit einer optischen und kulinarischen Verführung. Offeriert werden geradezu ausufernde Meeresfrüchte-Etageren, Austern, Riesengarnelen, Jacobsmuscheln, Boeuf-Tatar. Zu den beliebtesten Hauptgerichten gehören das zarte Kabeljaufilet, pochiertes Bio-Ei auf Parmesanpolenta oder auch gern Kaviar; wenn`s die Geldbörse zulässt.
Pure Fleischeslust oder Redefine Meat
Auch wenn sowohl Veganer, Vege- und Pescetarier nach Herzenslust schlemmen können, steht die Fleischeslust im Mittelpunkt. Auf den Teller kommen üppige Steaks vom Pommerschen Rind oder vom Irish Hereford Weideochsen, Cuts vom Ruppiner-Wagyu Rind oder vom Kagoshima Beef. Gegrillt werden sie auf einem amerikanischen Southbend-Grill, der bis zu 800 Grad heiß wird und für besondere Zartheit und karamellisierte Röstaromen sorgen soll. Tilo Roth ist seit fast zehn Jahren Küchenchef hier und lebt seine Bühne. Seine Augen strahlen, wenn er von den internationalen Spezialitäten, aber auch der regionalen und nachhaltigen Tierhaltung erzählt.








Ich allerdings habe Fleisch schon seit Jahre von meiner eigenen Speisekarte gestrichen. Doch auch für solche Fälle hat der zauberhafte Meister eine Alternative. Er serviert mir rein veganes Redefine Meat. Sieht aus wie Fleisch, hat die gleiche Konsistent und annähernd einen fleischähnlichen Geschmack. Es handelt sich um ein patentiertes Produkt aus dem 3-D-Drucker. Ich bin fasziniert. Unglaublich, was es alles so gibt. Gibt´s übrigens auch im KaDeWe zu kaufen.
Naschen am Paradies
Gastgeber und Geschäftsführer Matthias Martens serviert die feinsten Weine zu den Speisen, amüsiert mit kurzweiligen Geschichten rund um das The Grand in Mitte und seine Gäste und ist verantwortlich dafür, dass wir nun süchtig sind und mehr wollen. Bevor es zurückgeht an die Bar und auf den Dancefloor naschen wir noch am Paradies. Eine Belle Hélène mit einer verführerisch süß-bitteren Schokoladensauce ist beinahe schon ein Sündenfall. Wir werden verwöhnt und fühlen uns zurückverliebt. Wie schön, wenn es gleich so funkt.



