Württemberg goes Berlin: Lange Nacht der Weine in der Arminiusmarkthalle

 

An das inzwischen zur lame duck mutierte Klischee der Schwabeninvasion in Berlin dachte an diesem Abend in der Arminiusmarkthalle wohl kaum einer. Neben Weingütern wie dem “Hausweingut” der Markthalle, Dr. Heigel aus Franken, lag der Schwerpunkt diesmal auf Weinen aus Württemberg. 19 Württemberger Winzer*innen kamen nach Berlin, um über 100 Top-Weine aus neun Weinbauregionen zur Verkostung anzubieten. So besuchten die 15. Lange Nacht der Weine in der Arminiusmarkthalle über 1.000 (für Weinevents überraschend junge) BesucherInnen, um ausgiebig zu probieren und das Weinwissen zu erweitern. Klar reizt es viele, für nur 10 Euro bis Mitternacht Wein zu trinken – dennoch gebührt Christoph Hinderfeld und seinem Team Anerkennung dafür, jungen Berliner*innen Wein aus insbesondere deutschen Anbauregionen auf unkomplizierte Weise näher zu bringen.

 

Von Events wie der Langen Nacht profitieren auch die Hallengastronomen der Arminiusmarkthalle, dessen Konzept sich vor allem durch ausgezeichnete Restaurants von anderen Markthallen Berlins absetzt. So bot an diesem Abend das auf Burger spezialisierte Pound & Pence Schwäbische Deie (eine Art Flammkuchen) an, während der “Hofladen” Kässpätzle kredenzte – beides laut der anwesenden Schwaben authentisch und in jedem Fall köstlich. Auch die Ceviche des peruanischen Restaurants Naninka mundete hervorragend zu Württemberger Riesling und Muskatrollinger Rosé. Permanent von einer Menschentraube umringt war Kult-Käsehändler Fritz Blomeyer, der eine Auswahl bester württembergischer Käse wie den Geifertshofer Schwarzbierkäse von der Geifersthofer Dorfkäserei und den Weißen Jagsttaler von den Honhardter Demeterhöfen mitbrachte.

 

Mit Württemberg verbinden die meisten Rotweine wie den Trollinger, der es außerhalb Württembergs immer noch schwer hat. Neue Wege gehen deshalb Winzerinnen wie Viola Albrecht vom Weingut Albrecht-Kiessling, die unter anderem einen Muskattrollinger Rosé mit würzig muskatbetonter Duftnote und einem leichten Duft von Veilchen und Wildrosen im Gepäck hatte: “Wir sind ein bunter Haufen starker Charaktere aus drei Generationen und ziemlich frauenlastig. Gerade befinden wir uns im Generationenübergang, eine spannende Angelegenheit”, sagte sie uns. Und das merkt man den Weinen an, zu denen auch typisch Württemberger Lemberger-Cuvées, Rieslinge und Grauburgunder (laut Aussage vieler Winzer*innen in diesem Jahr absoluter Verkaufs-Hit) gehören.

 

Für uns als Aperitivistas waren wie immer die Sekte und Aperitif-Weine besonders interessant. Unser Highlight bildete in diesem Jahr der Muskateller-Sekt – mit der charakteristischen Note und einer gewissen Restsüße sicherlich nicht jedermanns Sache, für uns aber vor allem eisgekühlt ein unwiderstehlicher Einstieg in den Abend. Auch wenn Württemberg viele gute Muskatteller-Sekte im Angebot hat, bleibt unser Favorit der 2016 Muskateller Sekt extra trocken vom Weinkonvent Dürrenzimmern aus der Region Heuchelberg – nicht umsonst wurde die Genossenschaft bereits zum dritten Mal mit dem Bundesehrenpreis ausgezeichnet. „Extra trocken“ bedeutet in diesem Fall (im Gegensatz zur Klassifizierung beim Wein) immer noch eine Restsüße von 12-20 g/l, die allerdings von der Kohlensäure im Geschmack unterdrückt wird. Das Ergebnis ist ein trockener, aber gleichzeitig aromenintensiver, fein ausbalancierter Sekt, der sich hervorragend als Einstieg zu einem üppigen Festessen oder sogar als Digestif zum Käse eignet. Ebenfalls großartig schmeckte der Sankt Veit Riesling Sekt Brut der Genossenschaftskellerei Heilbronn, bei dem ausgesuchte Rieslingweine nach traditioneller Champagner-Methode zu einem spritzig-eleganten Sekt ausgebaut werden – mir persönlich in der Variante brut noch etwas gelungener als der extra brut (der im Geschmack deutlich trockener erscheint als der vorher beschriebene Muskatellersekt.)

 

Wen nach dem Ende der Langen Nacht der Weine die Lust auf Württemberger Weine gepackt hat, kann diese im Württemberger Weinhaus im Lotte-Lenya-Bogen am Zoo probieren, sich von René Arnold beraten lassen oder am besten an einem seiner großartigen Weinabende teilnehmen. Und vielleicht gibt es im nächsten Jahr ja wieder eine Lange Nacht der Württemberger Weine in der Arminiusmarkthalle – wir fanden es klasse und den Winzer*innen hat es in Berlin auch super gefallen!

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