Mit dem 22.2.2022 fällt die Eröffnung des Hotel Luc mit seinem Restaurant Heritage Berlin auf ein legendäres Datum. Umso großartiger, als an diesem Tag auch Florian Glauert in die Berliner Restaurantszene zurückkehrt. Nach eineinhalbjähriger Pause erwartet ihn als Küchenchef des Hotel Luc eine besondere Herausforderung. Neben Frühstück und Lunch im Hotel verantwortet er das Dinner im Restaurant Heritage Berlin. Mit eigenem Eingang und zeitgenössischer Fusionküche soll es unabhängig vom Hotel ein neuer gastronomischer Leuchtturm am Berliner Gendarmenmarkt werden.



Unkompliziertes Starter-Sharing
Die Karte liest sich zeitgenössisch mit klarem Fokus auf eine kosmopolitische Klientel: Vom leichten “Lucky you”-Lachs mit Pinik Grapefruit, Miso und trendigem Glückskeks auf der einen und bodenständigen Meetballs “Classic” auf der anderen Seite findet hier jeder sein Lieblingsgericht. Oder man entscheidet sich direkt für den “Family Style”, bestellt einmal die Starter-Karte rauf und runter und teilt. Besonders gut zum Sharing eignet sich der “NY Shrimp Cocktail”, der mit rosa Cocktailsoße direkt den 80er Jahren entsprungen zu sein scheint. Mit dem “Vatar Heritage” gelingt Florian Glauert mit Hilfe von Jackfruit, Rote Beete und einem Berg von Wildkräutern die perfekt würzige, vegetarische Alternative zum klassischen Rindertartar. Wie beim “Heritage Tuna” mit Avocado und Ponzu Sauce handelt es sich dabei um eine Kreation, die in allen Heritage Restaurants (Hamburg gibt es bereits, Basel öffnet demnächst) auf der Karte steht. Die indivuelle Umsetzung obliegt jedoch dem lokalen Küchenchef. Im Restaurant Heritage Berlin ist es unter anderem die knusprige Hühnerhaut, mit der Florian Glauert für einen Touch Umami und seine eigene persönliche Note sorgt.



Coole Namen, solides Handwerk
Hinter “What a pick me up” verbirgt sich ein Hauptgang aus pochiertem Rinderfilet mit asiatischen Begleitern wie Edamame, Pak Choi und Sesam. Diese gelungene Fusion aus Ost und West dürfte Fans von hochwertigem, perfekt gegarten Fleisch restlos begeistern: innen blutig, außen zart. Ich hingegen entscheide mich für „Don’t Call It Schnitzel“. Diesem Aufruf zu folgen fällt nicht schwer, denn die große, unprätentiöse Weißkohlscheibe sieht nach allem anderen aus als nach Schnitzel. Der Verblüffungsmoment setzt beim Essen ein: In der Mitte befinden sich unter einer Wiener Panade versteckt alle Elemente eines klassischen Schnitzel-Tellers: Preiselbeeren, Kartoffel-Gurkensalat und Zitrone. Köstlich auch der “Black & Blue”, ein gerösteter Bio-Lachs, der mit Bulgursalat, Petersilie und Harissa Jus nordafrikanische Geschmacksnoten mitbringt. Zum Abschluss stehen “I love chocolate” mit ganz viel Schokolade in verschiedenen Aggregatzuständen und “I hate chocolate” mit frischer Mango, indischem Kulfi Eis, Kokos und Pistazien zur Auswahl. Klug gewählte Titel, denn tatsächlich polarisieren die Desserts. Zum Team “Hate” gehörend, winke bei ersterem nach zwei Bissen ab, während Kolleg*innen angesichts der Schokoorgie geradezu in Ekstase geraten.



Contemporary Dining
Die beiden Desserts gehören ebenfalls zur Range der vom lokalen Küchenchef zu interpretierbaren Standards in allen Heritage-Restaurants. Die Philosophie dahinter ist zeitgemäß und übersetzt das Thema Diversity auf die Speisekarte. So findet im Restaurant Heritage Berlin jeder das, was gerade seiner Laune entspricht: Fisch und Fleisch, vegetarisch und vegan, alles in hoher Qualität und handwerklich sauber gekocht. Die anspruchsvollen Gerichte auf Haute Cuisine-Niveau, die Glauert vormals im Restaurant Duke gekocht hat, wird man hier (vorerst) vergeblich suchen. Stattdessen steht ein unverkopfterer Spaß am Essen im Vordergrund. Für Florian Glauert, der auch für die kulinarische Konzeption der anstehenden Heritage-Neueröffnungen verantwortlich zeichnet, stellt das eine spannende Herausforderung dar. Gilt es doch, ein anspruchsvolles, internationales Publikum, aber auch Berliner*innen gleichermaßen mit seiner modernen Fusion-Küche zu begeistern. Die Hausweine, ein Grauburgunder von Franz Keller und eine rote Cuvée von Beaumont aus Südafrika, sind dazu eine gute, mehrheitsfähige Wahl.



Coole Eleganz, easy Service
Dazu gehören auch die “Add ons” wie die sehr feinen Trüffel-Pommes oder ein üppig mit Gemüse belegtes Flatbread, die beide auch wunderbar als Barfood funktionieren. Eine Bar gibt es nämlich auch, und an der werden zu ab 22 Uhr etwas lauterer Musik sehr ordentliche Cocktails gemixt. Unter dem Motto “Alles easy und für alle” kann man auf einen Aperitif oder Absacker vorbei schauen, ohne auf die steife Atmosphäre einer Hotelbar zu treffen. Auf alkoholfreie Drinks ist der Barkeeper erfreulicherweise vorbereitet – und ist genauso nett und zugewandt wie der gesamte Staff. Das gastorientierte Konzept der Autograph Collection lebt das Team voll und ganz und scheint nach den Corona-Jahren nur so darauf zu brennen, endlich wieder für Gäste dazusein. Wie das Hotel Luc sind Restaurant und Bar in tiefem Preussisch-Blau gehalten. Innenarchitektin Oana Rosen hat alles mit auffälligen Stilelementen kombiniert. So wie etwa mit der außergewöhnlichen Fotokunst des ungarischen Fotokünstlers Andras Dobi, der das Preußische Lebensgefühl ins heutige Berlin transportiert. Auch die Zusammenarbeit mit der Königlichen Porzellan-Manufaktur zeigt, dass die Kombination aus Preußischer Qualität und Offenheit durchaus zeitgemäß ist: Nur hier gibt es Gin Fritz, stilecht serviert in einem preußisch-blauen KPM-Becher.



HERITAGE Berlin
Charlottenstraße 52
10117 Berlin
Di – Sa 18:00 – 23:00
Hauptgerichte: 28-45 Euro
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